Legislaturprogramm 2018-2022 der glp-Fraktion im Gemeinderat der Stadt Zürich

Als ökologische Partei sind unsere politischen Positionen konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Wobei die drei Komponenten der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Gesellschaft – für uns gleichwertig sind.

Als liberale Partei gilt unser politisches Augenmerk an vorderster Stelle der persönlichen Freiheit und der freien Selbstbestimmung der Menschen, denn wir glauben an den Fortschritt und die freie Entfaltung jedes Individuums. Diese kostbaren Errungenschaften einer modernen Gesellschaft wollen wir in unserer politischen Arbeit im Zürcher Gemeinderat verteidigen und stärken. Die persönliche Freiheit des Menschen darf jedoch nicht durch Egoismus und kurzfristiges Denken die Lebenschancen künftiger Generationen und deren Umwelt bedrohen.

 

Als fortschrittliche Mittepartei sehen wir die Dinge unvoreingenommen und erarbeiten innovative Lösungen jenseits des klassischen Lagerdenkens. Zuversichtlich, ehrlich und verantwortungsvoll wollen wir unsere politische Arbeit im Gemeinderat weiterführen.

 

An welchen Leitlinien wir uns in unserer dritten Legislatur im Zürcher Gemeinderat orientieren wollen, haben wir auf den nachfolgenden Seiten skizziert. Das Legislaturprogramm 2018-2022 ist ein internes Arbeitsdokument der Fraktion; gleichzeitig orientiert es sich in seinen inhaltlichen Schwerpunkten an den Wahlprogrammen der glp Stadt Zürich für die Jahre 2010 bis 2014 sowie 2014 bis 2018 und entwickelt diese weiter.

Digitalisierung und Transparenz

Unsere Haltung: In der Legislatur 2014 bis 2018 hat die glp-Gemeinderatsfraktion das Thema Digitalisierung mit der Forderung, Zürich zur Smart City zu entwickeln, ganz oben auf die politische Agenda der Stadt gesetzt. Dieses Ziel soll zusammen mit der Schaffung von Rahmenbedingungen für eine moderne Wirtschaft, Mobilität und Verwaltung konsequent weiterverfolgt werden.

 

Unsere Forderungen:

  • Verantwortung für das ressortübergreifende Dossier Digitalisierung auf höchster Ebene im Präsidialdepartement ansiedeln
  • Zürich zur Smart City entwickeln
  • Digitale ID einführen
  • Städtische Dienstleistungen digitalisieren
  • Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Sharing Economy sicherstellen
  • Umfassende Transparenz der Verwaltung gegenüber der Öffentlichkeit gewährleisten
  • Sämtliche unter Verwendung von Steuermitteln erarbeiteten Daten – nach dem OGD-Prinzip – der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung stellen
  • Rahmenbedingungen zur Nutzung der Blockchain-Technologie sicherstellen
  • Smart-Grid, Smart-Meter und Smart-Contracts im ewz fördern
  • Voraussetzungen für autonomen MIV und ÖV schaffen

Persönliche Freiheit

Unsere Haltung: Die persönliche Freiheit des Menschen ist ein Gut, dem wir Grünliberale mit allerhöchsten Respekt begegnen – zusammen mit der Solidarität ist sie die wichtigste Errungenschaft unserer modernen Gesellschaft. Die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens soll weitestgehend ohne staatliche Eingriffe stattfinden.

 

Unsere Forderungen:

  • Bürokratische Hürden und Regulierungsdichte abbauen
  • Selbstbestimmung der persönlichen Daten sicherstellen
  • Keine Präventions- oder Informationsdatenbanken ohne gesetzlichen Auftrag erstellen
  • Videoüberwachung im öffentlichen Raum nur sehr zurückhaltend einsetzen
  • Barrierefreiheit schaffen, damit jeder Mensch, mit oder ohne Behinderungen ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben führen kann

Vielfalt der Lebensformen

Unsere Haltung: Die glp hat «die Ehe für alle» lanciert und steht für eine zeitgemässe sowie liberale Familien- und Geschlechterpolitik, die auf dem Prinzip der freien Selbstbestimmung über Angelegenheiten des persönlichen Lebens basiert. Gegen Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Weltanschauung, Religion, ethnischer Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung gehen wir entschieden an.


Unsere Forderungen:

  • Lebensgemeinschaften, die Verantwortung für Heranwachsende und Schwache übernehmen, unterstützen
  • Familie und Beruf müssen für alle vereinbar sein, unabhängig vom Rollenmodell
  • Geschlechtliche und sexuelle Identitäten und Orientierungen respektieren

Schule und Bildung

Unsere Haltung: Die Grünliberalen stehen ein für Chancengerechtigkeit, unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft oder des Geschlechts. Die Vermittlung von Fähigkeiten und Wissen, die ein selbstständiges Leben ermöglichen, stehen im Zentrum der Bildungsinhalte. Bildung stärkt das Potenzial in jedem Menschen und begleitet uns durch alle Lebensphasen.

 

Unsere Forderungen:

  • Organisationsstruktur und Regulierung in der Volksschule vereinfachen
  • Schulen mehr Freiheit und Autonomie einräumen
  • Sprachunterricht für nichtdeutschsprachige Kinder im Vorschulalter prüfen
  • Vor- und ausserschulisches Betreuungsangebot für alle zugänglich und bezahlbar gestalten
  • Tagesschule als Standardmodell der Volksschule einführen
  • Sonderpädagogische Massnahmen verantwortungsbewusst einsetzen
  • Freiräume und schulische Mitsprache für Kinder und Jugendliche sichern
  • Schulraum rechtzeitig bereitstellen

Sozialpolitik

Unsere Haltung: Wir wollen die Rahmenbedingungen in der Sozialpolitik so gestalten, dass Eigenverantwortung und Eigenständigkeit der betroffenen Menschen gestärkt werden. Ebenso stehen wir für gesellschaftliche Solidarität, damit die Gesellschaft ihre BürgerInnen bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter unterstützt. Die staatlichen Unterstützungsmassnahmen sollen nach dem Prinzip Leistung und Gegenleistung erfolgen sowie die soziale und berufliche Integration fördern.

 

Unsere Forderungen:

  • Integrieren durch qualifizieren, Nachholbildung fördern
  • Qualifizierung durch ressourcenorientiertes Beurteilen und Handeln forcieren
  • Anreize zur Förderung der Eigenverantwortung stärken
  • Echte soziale wie berufliche Integration in den ersten Arbeitsmarkt fördern und geschützten Arbeitsmarkt punktuell kritisch hinterfragen
  • Aktivierenden Sozialstaat durch Mobilisierung von Selbsthilfepotenzialen realisieren
  • Digitalisierung für Informationsvermittlung in einfacher Sprache und barrierefreier Kommunikation nutzen

Gesundheit und Alter

Unsere Haltung: Es gilt, die Gesundheitsversorgung bedarfsgerecht der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Wir wollen, dass die beiden Stadtspitäler dieses Ziel erreichen, indem sie unter den geltenden Spitalfinanzierungsbedingungen kostendeckend betrieben werden. Wir setzen uns dafür ein, dass ältere Bürgerinnen und Bürgern möglichst lange selbständig zu Hause mit spitalexterner Betreuung leben können.

 

Unsere Forderungen:

  • Beide Stadtspitäler in eine öffentlich-rechtliche Anstalt überführen
  • Kooperationen zwischen öffentlichen Spitälern in der Stadt Zürich, insbesondere zwischen Stadtspitälern, Universitätsspital und Kinderspital, ausbauen
  • Platzangebote in Alterszentren zu Gunsten von altersgerechten Wohnmöglichkeiten überdenken und gegebenenfalls reduzieren
  • Altersgerechte Wohnmöglichkeiten in den eigenen vier Wänden und alternative Formen des Zusammenlebens, wie generationenübergreifendes/intergeneratives Wohnen, fördern
  • Bedarfsgerechtes Angebot an Pflegeplätzen bereitstellen, mit dem Ziel, mittels Übergangspflege, falls möglich, wieder ein selbstständiges Wohnen zu Hause zu ermöglichen

Zugezogene und Integration

Unsere Haltung: Die glp erachtet es in einer Stadt mit einem AusländerInnenanteil von einem Drittel und einer Bevölkerung, bei der 60% über einen Migrationshintergrund verfügt, als selbstverständlich, dass MigrantInnen an Bildung und Arbeitswelt teilnehmen, und dass ihnen im Gegenzug diskriminierungsfreier Zugang zu Schule und Beruf sowie politische Mitsprachemöglichkeiten offenstehen.

 

Unsere Forderungen:

  • Erwerb der deutschen Sprache fördern
  • Private Integrationsangebote fördern und, wo nötig, durch städtische Angebote ergänzen
  • Keine weiteren Hürden bei der Einbürgerung einführen
  • Formelle und informelle Instrumente zur politischen Mitsprache für AusländerInnen kreieren
  • Gleichstellung von AusländerInnen in Ausbildung und Beruf anstreben

Kultur- und Sportszene

Unsere Haltung: Die glp setzt sich für die Freiheit des künstlerischen Schaffens und eine breite Vielfalt des kulturellen Angebots in Zürich ein. Wir stehen für eine städtische Kulturförderung, die den Mut hat, Neues zu ermöglichen und Überholtes aufzugeben. Zürich ist eine Sportstadt und soll Schul- und Breitensport angemessen fördern.

 

Unsere Forderungen:

  • Künstlerische Freiheit und innovative Projekte fördern
  • Finanzielle Unterstützung besser zwischen den drei grossen Kulturhäusern (Schauspielhaus, Tonhalle und Kunsthaus) und den übrigen Kulturinstitutionen aufteilen
  • Breiten- und Schulsport unterstützen
  • Ausstattung von öffentlichen Grünanlagen mit Fitness- und Turngeräten ermöglichen

Die Stadt von morgen

Unsere Haltung: Die glp will eine verdichtete und lebenswerte Stadt. Hierfür braucht es eine Stadtentwicklungsstrategie, die sicherstellt, dass Zürich Platz für neuen Wohnraum, öffentliche Räume mit hoher Aufenthaltsqualität, sanfte Mobilität und wertvolle Grünräume schafft. Eine wachsende Stadt muss aber auch – vorausblickend – die Stadtgrenzen hinterfragen.

 

Unsere Forderungen:

  • Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden und dem Kanton gemeinsam vorantreiben
  • Verdichtung ermöglichen, öffentlichen Räume aufwerten und ökologische Aspekte fördern
  • Die Stadt als Metropole und Quartier zugleich denken: Zentrumsbildung und -funktionen in Aussenquartieren fördern
  • Durchmischung fördern, Ghettoisierung vorbeugen
  • Plätze mit Aufenthaltsqualität, die das Zusammenleben fördern und nicht primär als Verkehrsknotenpunkte fungieren
  • Intakte Grünräume, die einen Beitrag zu Biodiversität und Stadtklima leisten
  • Raumbedarf der öffentlichen Verwaltung in städtischen Liegenschaften konzentrieren, auch unter Berücksichtigung neuer Arbeitsformen
  • Städtische Grundstücke halten, auswärtige tendenziell abstossen

Wohnen in der Stadt

Unsere Haltung: Die glp steht für eine Wohnpolitik, die das erwartete Wachstum der Stadtbevölkerung um 80‘000 Personen begrüsst und mit qualitätsvoller Innenverdichtung auffängt. Dazu bedarf es Rahmenbedingungen, die Durchmischung und Verdichtung ebenso fördern wie eine aktive und gleichberechtigte Teilnahme privater und institutioneller Bauträger am gemeinnützigen Wohnungsbau.

 

Unsere Forderungen:

  • Rahmenbedingungen für Durchmischung in allen Stadtteilen realisieren
  • Hochhauszonen klar definieren und konsequent ausnützen
  • Verdichtung auch in innerstädtischen Quartieren vorantreiben
  • Gemeinnützigen Wohnungsbau durch private und institutionelle Bauherren stärker fördern
  • Städtische Wohnbau-Instrumente gezielt einsetzen
  • Belegungsvorschriften im staatlich geförderten Wohnbau einhalten
  • Ökologisches Bauen und Wohnen unterstützen
  • Zeitgemässe Möglichkeiten der Mitgestaltung durch die Quartierbevölkerung fördern

Energie und Infrastruktur

Unsere Haltung: Die Verwirklichung der 2000-Watt-Gesellschaft bis 2050 ist unser zentrales Anliegen in der Energiepolitik. Das Ziel soll mit einem Mix aus wirtschaftlichen Anreizen und Lenkungsabgaben erreicht werden. Effiziente Energieversorgungslösungen sollen die Bemühungen, den Energieverbrauch zu senken, unterstützen.

 

Unsere Forderungen:

  • Gemeinsame Eigentümerstrategie aller städtischen Energiedienstleister definieren
  • Erneuerbare Energien zur Stromerzeugung (Abwärme usw.) fördern
  • Fernwärme in energiedichten Stadtgebieten weiter ausbauen
  • Energiegerechtes Bauen und ökologische Gebäudesanierungen forcieren
  • Solarenergie ausbauen und Genehmigungsbürokratie abbauen
  • Innovative Konzepte und Technologien zur Energieerzeugung und -verteilung unterstützen
  • Rohstoffkreisläufe schliessen

Verkehr und Mobilität

Unsere Haltung: Wir wollen, dass Bevölkerungswachstum, Mobilitäts- und Nachhaltigkeitsansprüche in Einklang sind. Sichere, effiziente, saubere, raumsparende und ruhige Verkehrsmittel haben deshalb Priorität.

 

Unsere Forderungen:

  • Mit Mobility-Pricing die Verkehrsbelastung senken
  • Die Städteinitiative soll erfüllt und der Anteil Fuss-, Velo- und öffentlicher Verkehr am gesamten Verkehr um 10% erhöht werden
  • Auto-, Velo- und Fussgängerverkehr entflechten
  • Realisierung einer effizienten Veloinfrastruktur mit Routen, Parkplätzen und Verleihsystemen forcieren
  • Öffentlichen Verkehr in Richtung Schnelltransportsysteme und Schnellverbindungen – auch ins Umland – weiterentwickeln
  • Zentrale Verkehrsknotenpunkte entlasten – mehr dezentrale Umsteigemöglichkeiten schaffen
  • Elektromobilität mit Ladestationen und Parkplätzen unterstützen
  • Smart-Parking- und Car-Sharing-Modelle ermöglichen
  • Auf Quartierstrassen Tempo 30 oder Begegnungszonen (Tempo 20) realisieren, auf Hauptverkehrsachsen in der Regel Tempo 50 beibehalten
  • MIV-Kapazität, inklusive Tunnels, stabil halten

Städtische Natur

Unsere Haltung: Wir wollen sorgsam mit der städtischen Natur umgehen, damit diese auch in Zukunft einen entscheidenden Beitrag an die hohe Lebensqualität in Zürich leisten kann.

 

Unsere Forderungen:

  • Biodiversität fördern
  • Zusätzliche und vor allem diversifiziertere Grünräume und Vernetzungskorridore realisieren
  • Baumbestand erhalten und wo möglich erhöhen
  • Gebäudebegrünung (vertikale und Dachbegrünungen) auch gemeinsam mit Solaranlagen fördern
  • Wasserläufe und -flächen massvoll nutzen und wo möglich revitalisieren
  • Naherholungsgebiet Wald schützen – und mittels massvoller Nutzung die Nutzungskonflikte reduzieren
  • Bodenversiegelung vermeiden

Unternehmen und Gewerbe

Unsere Haltung: Wir wollen, dass UnternehmerInnen in allen Branchen möglichst wenig durch Vorschriften und Bürokratie beeinträchtigt werden. Neuen und innovativen Geschäftsmodellen insbesondere von Kleinst-UnternehmerInnen soll prinzipiell mit Wohlwollen begegnet werden.

 

Unsere Forderungen:

  • Standortpflege mit Langfristperspektive und über die Stadt-, Kantons- und Landesgrenzen hinweg betreiben
  • Unternehmerfreundliche Rahmenbedingungen schaffen
  • Einzel- und TeilzeitunternehmerInnen von administrativen Auflagen befreien
  • Start-ups und Innovationsträger unterstützen
  • Freien Warenverkauf zu ausgewählten Zeiten an ausgewählten Standorten ermöglichen

Finanzen und Verwaltung

Unsere Haltung: Die glp steht für eine nachhaltige Finanzpolitik, die langfristig und generationenübergreifend ausgerichtet ist; Investitionen in Bildung, Gesundheit, Umwelt, Infrastruktur und Innovation haben dabei Vorrang. Entsprechend muss auch die Verwaltung ihre Prioritäten setzen.

 

Unsere Forderungen:

  • Steuerfuss stabil halten
  • Eigenkapital schonen
  • Schulden abbauen bzw. Schuldenlast wirtschaftlich optimieren
  • Umfassende Verwaltungsreform realisieren
  • Personalbestand in der Verwaltung unter Kontrolle halten

Sicherheit

Unsere Haltung: Die Grünliberalen stehen ein für moderne und effizient organisierte Schutz- und Rettungsorganisationen. Die Sicherheitskräfte sollen basierend auf den Zielsetzungen der «Community Police» bürgernah agieren und die Vielfalt der urbanen Gesellschaft widerspiegeln.

 

Unsere Forderungen:

  • Mehr Frauen und Secondas/Secondos in den Polizeidienst und das Kader aufnehmen
  • Phänomene der 24-Stundengesellschaft mit Einrichtungen wie SIP & ZAB abfedern
  • Strategie von Schutz und Rettung dezentral weiterentwickeln
  • PolizistInnen an der «Front» und nicht in den Quartierposten einsetzen
  • Einsatz von Bodycams mit strengen Richtlinien prüfen

Zürich, im Juni 2018