Mittwoch, 23. Januar 2019

So ein Theater. Bericht zur GR-Sitzung vom 23. Januar 2019

Von Christian Monn, glp-Gemeinderat Kreis 12

So ein Theater: Debatte über Kultur, Politik und Kunst

 

Zur dringlichen Motion «Kostengünstige und zweckmässige Sanierung des Schauspielhauses möglichste unter Erhaltung des Zuschauerraums».

 

Eine hitzige, engagierte und ausführliche Debatte über die Frage: Wie soll es mit dem Schauspielhaus weitergehen? 

 

Das Schauspielhaus ist das grösste Theater der Schweiz und zählt(e) lange zu den führenden Bühnen im deutschsprachigen Raum. In den Zwischenkriegsjahren und vor allem vor und während des 2. Weltkriegs war es ein Hort als freie Bühne und ein Hort für Verfolgte im nationalsozialistisch besetzten Europa. Kulturell und politisch war es ein wichtiges Zentrum des geistigen und politischen Widerstands. 

 

Die Stadt Zürich möchte das Theater sanieren, um in Zukunft auch weiterhin für Publikum, Künstlerinnen und Künstler attraktiv zu bleiben. Vor vierzig Jahren wurde das Theater letztmals renoviert. In der Zwischenzeit haben sich die technischen Anforderungen, die Ansprüche an moderne Bühnen und die Ansprüche des Publikums gewandelt. Insofern haben sich die Ansprüche an den Betrieb der Bühne, an die Aufführungen, die Sicherheit des technischen Personals und der Schauspielenden stark verändert. «Die Kunst möchte bessere Bedingungen im Haus haben», so Stadtpräsidentin Corine Mauch.

 

Die dringliche Motion wünscht, das Schauspielhaus in seiner alten Form (Bühne und Zuschauerraum) zu erhalten. Als Denkmal für die liberale Kultur und für Verfolgte, insofern ist es ein wichtiger historischer Raum, soll als Theater in dieser Form erhalten bleiben. 

 

Ein Textänderungsantrag (SP) verlangt die Möglichkeit der Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten, unter anderem unter Erhalt des aktuellen Zuschauerraums oder einem Rückbau und Umbau, aber unter Erhalt des aktuellen Betriebskonzepts mit der «Guckkastenbühne». 


Unsere Argumente:

 

Das kulturelle Erbe und die Vergangenheit des Gebäudes sind für uns unbestritten. Die Art der Aufführungen im Theater entwickelt sich mit der Zeit: heute wird ein Hamlet anders aufgeführt als im 17. Jahrhundert. Wie der Neubau aussehen wird, ist aktuell jedoch noch keinesfalls klar. Das Theater ist jedoch sehr sanierungsbedürftig, sowohl technisch (energetisch, feuertechnisch, sicherheitstechnisch etc.) wie auch in Bezug auf die Möglichkeiten der Aufführungen, für das Publikum und das Personal (Arbeitsbedingungen). Kulturpolitisch ist es für uns wichtig, dass das Schauspielhaus auch in Zukunft ein attraktiver Spielort ist. Die städtischen Gelder für Kulturförderung sollen primär der Kunst und nicht unbedingt dem «Denkmalschutz» zu Gute kommen. Das Theater soll die Zuschauer heute und morgen abholen können, und als Ort der Resonanz und der Begegnung bestehen. Wir begrüssen die Textänderung der SP, die eine bessere Entscheidgrundlage liefert für zukünftige Umbauplanungen. Dadurch können Varianten erstellt werden, die dann - beim Vorliegen - nochmals betrachtet und beurteilt werden können (u.a. auch Betrachtung Kosten, Nutzen und Wirtschaftlichkeit). Lieber ein funktionierendes als ein museales Theater! 


Der Rat überweist die angepasste Motion schliesslich mit einer deutlichen Mehrheit von 99 JA zu 16 NEIN.

 

«Nachwort»

 

Etwas befangen bin ich bei der Bildung meiner Meinung. Vor ca. hundert Jahren (!) sind die Eltern meiner Grossmutter aus Deutschland zugewandert und haben als Inspizienten am Schauspielhaus gearbeitet. Historisch verstehe ich die Forderung nach dem Erhalt des Hauses in seiner «alten Form» - andererseits braucht es eine Sanierung, damit das Theater auch in Zukunft funktionstüchtig und attraktiv bleibt! Einer umsichtigen Sanierung steht so eigentlich nichts im Wege – da bin ich also ganz grünliberal.