Mittwoch, 14. März 2018

Observation von Sozialhilfemissbrauch: So viel wie nötig, so wenig wie möglich

Klare rechtliche Grundlage für Sozialinspektoren. Fraktionserklärung der Grünliberalen Partei zum Neuerlass der Verordnung über Observation von Sozialhilfemissbrauch

Die Grünliberalen sind der Meinung, dass Observierung zur Verhinderung von Sozialhilfemissbrauch möglich sein soll. Die Herausforderung der neugestaltenden Verordnung für Observation im öffentlich zugänglichen Raum bestand in der Verhältnismässigkeit und der Präzisierung der für die Observation zulässigen Instrumente. In den intensiven Detailberatungen erarbeiteten die Grünliberalen zusammen mit den politischen Partnern einen mehrheitsfähigen Kompromiss, der im Kern dem Antrag des Stadtrats entspricht, die Vorlage aber materiell stärkt. Die Grünliberalen unterstützen die Mehrheit der eingebrachten Anträge und werden in der Schlussabstimmung der angepassten Verordnung zustimmen. Diese neue Rechtsgrundlage erfüllt die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestellten Anforderungen. Damit ist es dem Sozialinspektorat künftig wieder möglich ist, Sozialhilfebezügerinnen und Sozialhilfebezüger bei Verdacht auf Sozialhilfemissbrauch über einen beschränkten Zeitraum nach Massgabe der „Verhältnismässigkeit“ zu observieren.

 

2007 hat die Stadt Zürich als erstes Gemeinwesen in der Schweiz Sozialdetektive eingeführt. Verschiedene andere Behörden und auch Sozialversicherungen haben dieses Instrument in der Folge übernommen, ohne die dazu notwendige gesetzliche Grundlage zu schaffen. Das Bundesgericht hat in einem Entscheid von Mitte 2017 klar festgehalten, dass eine Missbrauchsüberprüfung bei Sozialhilfebezug nur in engen Grenzen erlaubt ist und dass der Staat dafür klare und strenge gesetzliche Vorgaben machen muss. Die GLP hat immer wieder betont, dass es klare gesetzliche Grundlagen und Richtlinien braucht, um die grosse Mehrheit der korrekt agierenden Sozialhilfebezüger zu schützen. Uns Grünliberalen ist es ein zentrales Anliegen, dass die Sozialhilfegelder denjenigen Menschen zu Gute kommen, die Anspruch auf diese Unterstützung haben und in einer Notlage auf finanzielle Unterstützung durch den Staat angewiesen sind. Sozialhilfemissbrauch darf nicht toleriert werden, sondern muss konsequent aufgedeckt und, wo angezeigt, auch strafrechtlich verfolgt werden.

 

In der Kommissionsdiskussion war es uns wichtig, dass für Eingriffe in die Privatsphäre eines Menschen klare gesetzliche Grundlagen geschaffen und missbräuchliche Überwachung ausgeschlossen werden kann. Daher werden wir den diversen Konkretisierungen der Rechtsmittelanträge zustimmen. Beispielsweise sollen die Observationen nicht durch ein einzelnes Mitglied, sondern von einem Dreiergremium der Sozialbehörde bewilligt werden. Ebenso sollen die angewendeten Hilfsmittel der Sozialbehörde beantragt werden müssen. Für die Grünliberalen ist unumstritten, dass der Einsatz von Fluggeräten aller Art untersagt bleiben muss. Bezüglich der Frage, ob auch Drittpersonen, die vermutlich im selben Haushalt leben wie eine Sozialhilfebezügerin und ein Sozialhilfebezüger, überwacht werden dürfen, gehen die Meinungen in der GLP-Fraktion auseinander. Der von der Kommission ausgearbeitete Kompromissvorschlag sieht vor, dass dies nur möglich sein soll, wenn die Sozialhilfebeziehenden explizit auf diese Möglichkeit hingewiesen wurden. Wir werden dem Antrag mehrheitlich zustimmen.

 

Festzuhalten gilt; Wer heute im Gemeinderat plakativ ruft: «Wir haben zu viele Sozialschmarotzer» verkennt die Realität, dass sich mindestens 98% der Sozialhilfebeziehenden gesetzeskonform verhalten. Trotzdem braucht es für die anderen knapp 2% die Verordnung, damit die erfolgreiche Arbeit des Sozialinspektorats der letzten 10 Jahre weitergeführt werden kann und die Zahl von Missbräuchen – auch dank der abschreckenden Wirkung, die ein Sozialinspektorat entfaltet – weiterhin niedrig gehalten werden kann. Daher gilt auch für die Grünliberalen auch in Zukunft: Soviel wie nötig - so wenig wie möglich.