Seit Jahren diskutiert die Öffentlichkeit darüber, wie der irreversible Verbrauch von Boden und die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen einzudämmen sei. Mehr Siedlungsbrei und weniger Natur wünschen sich die wenigsten. 2013 gab schliesslich das revidierte Bundesgesetz über die Raumplanung gefolgt von der kantonalen Richtplanung die Richtung vor: Landschaften müssen erhalten und zusätzlicher Wohnraum fortan nur noch innerhalb des Siedlungsgebiets entstehen. Urbane Räume und insbesondere Zürich standen nun im Mittelpunkt. Das beschäftigte natürlich auch den Gemeinderat. Unsere letzte grosse Verdichtungsdebatte – die keine war – liegt viereinhalb Jahre zurück. Damals diskutierten wir über eine Fülle von Bauvorschriften der BZO 2016; die Verdichtungsfrage wurde jedoch gegen unseren Willen auf den kommunalen Siedlungsrichtplan vertagt. Dieser liegt nun seit zwei Jahren auf dem Tisch und soll uns als Wegleitung für ein nachhaltiges Stadtwachstum dienen.
Wir alle wissen: Baukräne dominieren jetzt schon das Stadtbild. Denn unsere Stadt ist attraktiv und zieht viele an. Alles, was Lebensqualität ausmacht, Kultur, Ausbildung, Berufschancen, Forschung, Handel, Freizeit, finden sich hier. Bei den Rankings sind wir immer vorne dabei. In Zürich wird gebaut, nicht weil der Bund oder der Kanton uns dazu zwingen, sondern weil wir erfolgreich sind.
Gleichzeitig wird in der Schweiz nach wie vor ein Quadratmeter Land pro Sekunde verbaut!
Stadt als Chancenraum – urban, lebenswert, smart und klimaresilient
Für uns Grünliberale war und ist klar: Der Bodenverbrauch muss gestoppt, das Siedlungswachstum nach innen gerichtet und mit urbaner Qualität ausgestattet werden. Das ist eine Herausforderung für Zürich, die wir nicht kleinreden, aber dennoch als Chance nutzen wollen. Urbanität heisst für uns Vielfalt der Lebensweisen, der Betätigungsmöglichkeiten, des Ideenwettbewerbs. Wir verbinden mit Urbanität aber auch neue räumliche Strukturen, die eine nachhaltige Mobilität, smarte Infrastruktur, verbesserte Energieeffizienz sowie flexible Formen der digitalen Arbeitswelt ermöglichen. Leben in der Stadt bedeutet also, ein potenziell nachhaltiges und spannendes Leben mit kurzen Wegen und zukunftsfähigem Lebensstil. Es liegt daher in unserem Interesse alles daran zu setzten, dass Zürich ein urbanes Selbstbewusstsein entwickelt und eine lebenswerte Zukunft für ihre Bewohner:innen schafft. Wesentlich für diese Veränderungsprozesse ist, dass wir attraktive Lebensräume, soziale Stabilität, eine zukunftsfähige Mobilität, und nicht zuletzt auch Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels finden.
SLÖBA – Unsere Lösung für alle Probleme der Stadtentwicklung?
Das Gute vorab: Der Richtplan SLÖBA ist ein Bekenntnis, dass Stadtwachstum möglich ist und folgerichtig mit der räumlichen Sicherung von Schulanlagen und Freiräumen verknüpft werden muss. Aber vermag er als Richtungsweiser den Weg in die urbane Zukunft Zürichs aufzuzeigen? Wir Grünliberale bezweifeln das. Vor lauter Leitbildern und Leitfäden, Koordinationshinweisen sehen wir den Plan vor lauter Teilplänen nicht mehr. Die Tatsache, dass darauf verzichtet wurde, den Verkehr und die Siedlungsentwicklung nicht in einem Richtplan aufeinander abzustimmen, ist dem Gesamtbild auch nicht gerade zuträglich. Mit unserer Motivierten Rückweisung fordern wir den Stadtrat daher auf, die Spannungsfelder zwischen den einzelnen Bestandteilen zu lösen und einen in sich stimmigen Überblick für das Stadtwachstum zu erarbeiten. Dabei erwarten wir einen reduzierten Detaillierungsgrad und eine angemessene Flughöhe, die auf parzellenscharfe Entwicklungsziele verzichtet. Ganz grundsätzlich vermissen wir auch Antworten darauf, wie die Stadt den Folgen der Klimaerwärmung und der Transformation der Arbeitswelt begegnen will. Sowoh l die Fachplanung Hitzeminderung als auch die Arbeitsplatzentwicklung sind zu gewichtige Zukunftsherausforderungen, als dass sie mit Anträgen aus der Kommission stringent in die Richtplanung überführt werden könnten.
Auch wenn der vorliegende Richtplan elementar nachgebessert werden sollte, hat die glp versucht mit ihren Anträgen Impulse zur Gestaltung unseres zukünftigen Lebensraums zu geben. Hinsichtlich baulicher Entwicklung thematisieren wir die Hochhausfrage (Anträge 26 bis 29), das Problemfeld Lärm (Antrag 46) und die angemessene Erschliessung peripherer Quartiere. Anstelle der Festigung monofunktionaler Stadtteile, schlagen wir Rahmenbedingungen für ein Näherrücken von Arbeit, Wohnen und Freizeit, wie z.B. städtebauliche Hybridformen (Anträge 30 bis 32) vor. Mit Blick auf die Ansprüche der Bewohner:innen an die Lebensqualität empfehlen wir, Plätze und Freiräume nutzerorientiert auszugestalten (Antrag 16), Restflächen vielseitig verwendbar zu machen (Antrag 76 und 113) und mit einstimmiger Unterstützung der Kommission in spezifischen Gebieten den charakteristischen Baumbestand zu erhalten (Antrag 36 bis 42).
Die glp wird Anträge ablehnen, welche das Stadtwachstum ausbremsen möchten. Ebenfalls kritisch beurteilen wir Anträge, die schwer einzuhaltende Versprechen – wie zum Beispiel die Wohngarantie der ansässigen Bevölkerung – oder im Gegenteil Bedrohungen – wie zum Beispiel staatliche Übergriffe auf die Eigentumsgarantie – suggerieren. Unsere Maxime bleibt: Stadtentwicklungspolitik ist die schwierige Kunst des Möglichen. Die Möglichkeiten zur Mitgestaltung einer urbanen Zukunft Zürichs wollen wir ergreifen und sagen daher trotz allem in der Schlussabstimmung ja zum kommunalen Richtplan.