Donnerstag, 26. Januar 2023

Kommunaler Mindestlohn

Das geeignete Mittel gegen ein drängendes Problem?

Die Grünliberale Fraktion im Gemeinderat teilt das Anliegen des Initiativkomitees, dass jede Person mit einer Voll- zeitstelle ihren Lebensunterhalt meistern können soll. Die vorgeschlagene Einführung eines Mindestlohnes ist hierfür jedoch der falsche Ansatz. Die Grünliberale Fraktion lehnt deshalb sowohl die Initiative als auch den Ge- genvorschlag zum kommunalen Mindestlohn ab.

 

Gemäss Gegenvorschlag zur Mindestlohn-Initiative soll in der Stadt ein Mindestlohn von 23.90 pro Stunde gelten.

 

Die GLP ist sehr besorgt über die Problematik der Working Poor und die Verbesserung ihrer Situation ist uns wichtig. Wir halten den Mindestlohn aber für ein ungeeignetes Instrument. Deshalb lehnen wir den Gegenvorschlag zur Initiative «Ein Lohn zum Leben» ab.

 

Die Wissenschaft, zum Beispiel das KOF der ETH, sieht im Mindestlohn kein geeignetes Instrument zur Behebung der Working Poor Problematik. Nur ein kleiner Teil der Menschen, die weniger als 23.90.- pro Stunde verdienen, leben in ar- men Haushalten. Die allermeisten leben in gemeinsamen Haushalten mit gutverdienenden Angehörigen. Armut betrifft vor allem Familien. Es gibt geeignetere Massnahmen, sie zu entlasten. Das GLP-Lab erarbeitet derzeit entsprechende Vor- schläge, die zur Diskussion von Lösungen dienen sollen.

 

Die Ablehnung begründet sich auch mit der grundsätzlichen Überlegung, dass der Staat und die Politik nicht in die Perso- nal- und Lohnpolitik von Unternehmen eingreifen soll.

 

Anders als in Basel oder im Gegenvorschlag in Winterthur, sind in der Stadt Zürich die bestehenden nationalen Gesamtar- beitsverträge (GAV) nicht ausgenommen. Der Gegenvorschlag kündigt damit einen von den Sozialpartnern getragenen und bewährten Kompromiss, der Mindestlöhne beinhaltet, unnötig auf. Bestehende Anreize zur Weiterbildung fallen dadurch weg. Gerade darin sieht die GLP eine der grossen Herausforderungen bei einer Einführung. Aus- und Weiterbil- dung soll sich lohnen – dafür haben wir uns stets eingesetzt. Mit dem staatlichen Mindestlohn wird der Lohnunterschied zwischen Stellen für Gelernte und Ungelernte verwischt. Ein Anreiz, eine Berufslehre zu absolvieren, nimmt ab.

 

Ob Mindestlöhne überall eingehalten werden, muss zudem kontrolliert werden und diese Kontrollen sind sehr teuer in der Umsetzung. Die GLP beantragte hier ein jährliches Kostendach von 1.5 Millionen Franken für die Kontrollen. Die Linke Mehrheit im Rat lehnt diese ab. Daraus lässt sich erahnen, dass für die Kontrollen ein grosser und teurer Apparat aufge- baut werden soll. Diese Millionen fehlen dann für andere Projekte. Ausserdem ist nicht ausgeschlossen, dass Gewerk- schaften an der Kontrolle beteiligt sind und die Lohnbuchhaltung der Unternehmen und des Gewerbes durchforsten. Diese Bedenken gilt es laut GLP ernst zu nehmen.

 

Ein kommunaler Mindestlohn ist sehr kompliziert umzusetzen. Wer teilweise in Zürich und teilweise ausserhalb arbeitet, wird mit komplizierten Lohnabrechnungen konfrontiert. Es ist nicht auszuschliessen, dass Firmen sich ganz aus der Stadt verabschieden und in die Agglomeration abwandern. Dies würde negative Folgen für das bereits angeschlagene Gewerbe haben.

 

Bussen bei Fehlverhalten sind bei maximal 500.- angesetzt. Das wird keinen Arbeitgeber von Fehlverhalten abhalten. Auch aus diesem Grund ist gemäss Ansicht der GLP die Verordnung nicht griffig.