Mittwoch, 30. Oktober 2019

Alle vier Jahre die gleiche Leier – kaum Neues am Stadtzürcher Kulturhorizont

Kulturleitbild der Stadtzürich: Die GLP-Fraktionserklärung

Für die Grünliberalen stehen in der Kulturpolitik drei Leitmotive im Fokus: Vielfalt des Angebots, Schutz der Kunstfreiheit und nachhaltiger Umgang mit den eingesetzten Steuergeldern.

 

1. Vielfältiger Kulturmix

Die Förderung einer breiten Palette von Kulturangeboten ist für die GLP ein wichtiges Anliegen: Einzelne Sparten, Stilrichtungen oder Institutionen dürfen nicht bevorzugt werden. Vom popkulturellen Phänomen über unkonventionelle und experimentelle Performances bis zu den klassischen Kulturangeboten sollen alle Stilrichtungen ihren Platz in der Stadt Zürich haben. Bereits anlässlich der gemeinderätlichen Kulturdebatten 2011 und 2015 haben wir Grünliberale mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass über zwei Drittel der städtischen Kultursubventionen von den drei grossen Kulturhäusern, Schauspielhaus, Tonhalle und Kunsthaus, beansprucht werden und die unbefristeten Beiträge 60% der Fördergelder ausmachen. Dadurch wird der finanzielle Handlungsspielraum der Stadt zur Unterstützung neuer Kulturinitiativen und innovativer Kunstprojekte zu stark eingeschränkt. Somit ist auch nicht verwunderlich, dass die Vielfalt an Kulturangeboten darunter leidet. Inwiefern der sich noch in Diskussion befindliche Vorschlag der Konzeptförderung Tanz- und Theaterlandschaft geeignet ist, Bewegung ins Kultursubventionssystem zu bringen, bleibt abzuwarten – wir Grünliberale haben unsere definitive Position dazu noch nicht festgelegt. Vor vier Jahren forderte die GLP in einer Motion eine Neubeurteilung der unbefristeten Subventionsverträge, um der übermässigen Konzentration der städtischen Förderung auf die drei grossen Kulturhäuser Einhalt zu gebieten. Doch nur gerade die SVP unterstützte unseren Vorstoss. Die mangelnde Bereitschaft im Stadtparlament, diese Diskussion offen zu führen, erachten wir als Armutszeugnis.


2. Schutz der Kunstfreiheit

Als liberale Partei legen wir grossen Wert auf die Respektierung der Kunstfreiheit. Staatliche Organe sollen keinen Einfluss nehmen auf Methoden, Inhalte und Tendenzen der künstlerischen Tätigkeiten. Insbesondere sollen sie nicht den künstlerischen Gestaltungsraum einengen oder Regelungen für das künstlerische Schaffen vorschreiben. Zürich kann hier ein gutes Zeugnis ausgestellt werden – der Blick über die Landesgrenzen hinaus zeigt, dass die Kunstfreiheit ein hohes und keineswegs selbstverständliches Gut ist. Nichtsdestotrotz stellensich uns gerade im Zusammenhang mit den Schwerpunktsetzungen des Kulturleitbilds ein paar Grundsatzfragen. Aus Sicht der Grünliberalen ist insbesondere darauf zu achten, dass die Vorgaben der Kulturabteilung förderabhängige Kulturschaffende nicht dazu verleiten sollten, ihre Schaffensfreiheit und Innovationskraft unnötig einzuschränken, um kulturellen Trends hinterherzueilen.


3. Nachhaltiger Einsatz der Steuergelder

Auch im Kulturbereich sind die finanziellen Ressourcen der Stadt begrenzt. Daher können nicht alle an sich sympathischen Projekte und/oder Institutionen subventioniert werden. Zudem ist es unrealistisch – unter Einbezug von Steuergeldern – gleich in mehreren Kultursparten Häuser von Weltruf unterhalten zu wollen. Und es ist wenig sinnvoll, Nischenprojekte zu fördern, wo sich in unmittelbarer geografischer Nachbarschaft bereits ein gleichwertiges Angebot erfolgreich etabliert hat. Hier kann weniger durchaus mehr sein. Wir sind auch der Auffassung, dass städtisch geförderte Kulturinstitutionen ein Minimum an Publikumsresonanz erzeugen müssen und dass die Möglichkeiten zur Generierung von Drittmitteln noch nicht bei allen Institutionen ausgeschöpft sind. Dass insgesamt zwischen 1 und 1.5% des städtischen Budgets in Kultur investiert werden soll unterstützen wir ebenso wie den Grundsatz, dass primär die lokalen Kultur- und Kunstschaffenden von den Fördergeldern profitieren sollen – und nicht KulturmanagerInnen oder ähnliche Personengruppen.


Kulturleitbild: Bitte aufs Wesentliche konzentrieren

Das Kulturleitbild formuliert vier Schwerpunkte für die Jahre 2020 – 2023: Diversität, bessere Rahmenbedingungen für Kulturschaffende, Institutionen und Publikum, Beweglichkeit der Kulturförderung und das Denken in Förderlandschaften.

 

Konkret sollen in einem Kultur-Laboratorium fundamentale Fragen der Kulturfinanzierung, zum Kunstbegriff und zu den Förderkriterien vertieft werden. Daraus resultierende innovative Ansätze für die Kulturförderung könnten in das nächste Kulturleitbild 2024 – 2027 einfliessen. Ausserdem sollen Kulturangebote in Aussenquartieren gefördert werden – wobei es dann allerdings bei nur einem neuen Projekt, nämlich dem Hombis Salon in Zürich-Nord, bleibt. Ebenso soll das Label Kultur inklusiv, das den hindernisfreien Zugang zu Kunstangeboten auszeichnet, gestärkt werden. Geplant sind ausserdem die Anschaffung von zehn mobilen Musikboxen, die Überprüfung des Theaters Hechtplatz und des Theaterspektakels als Verwaltungseinheiten sowie die Wiedereinführung eine Globalbudgets für die Kulturabteilung. Bereits diese Aufzählung macht klar, dass der Umfang von über 200 Seiten im Vergleich zu den effektiv geplanten Neuerungen – auch wenn die separat präsentierte und noch nicht beschlossene Konzeptförderung Tanz- und Theaterlandschaft mitberücksichtigt wird – in einem ungünstigen Verhältnis steht und kaum zu mehr Transparenz bei der Vergabe und Begründung von Förderentscheidungen führt.

 

Trotzdem werden wir wie 2011 und 2015 das Kulturleitbild zustimmend zur Kenntnis nehmen – werden uns aber dafür einsetzen, dass sich das nächste Kulturleitbild bezüglich Struktur und Inhalt wieder auf das Wesentliche konzentriert.