Hochschulgebiet Zürich-Zentrum: Ein Generationenprojekt mit Weitsicht? Oder: wenn im Alten immer wieder das Neue gesucht wird.
Zürich verfügt mit seiner Vielfalt an Forschungs- und Lehreinrichtungen über einen Standortvorteil, um den uns viele beneiden. Hier wird Erkenntnisfortschritt und Wissen als Ressource genutzt. Hier entstehen Innovationszentren, die einen Beitrag zur sozialen, ökonomischen, ökologischen und kulturellen Weiterentwicklung unserer Gesellschaft leisten. Für uns Grünliberale ist daher klar: Um weiterhin im strengen Wissenswettbewerb mithalten zu können, benötigen unsere international renommierten und forschungsstarken Institutionen genügend Freiraum. Die richtigen Entscheidungen für die Zukunft unseres Wissensstandorts zu treffen, ist sicher keine banale Aufgabe.
Heute Abend darf der Gemeinderat eines der letzten Kapitel – vielleicht sind es aber auch nur Fussnoten – zum Generationenprojekt «Hochschulgebiet Zürich-Zentrum» schreiben. Ob der Kanton die richtigen Entscheidungen getroffen hatte, als er die räumliche Konzentration wählte, damit das Universitätsspital, die Universität und die ETH sowohl ihre Infrastruktur als auch ihre Einbindung in Wissensnetzwerke verbessern kann, bleibt fraglich. Sicher ist: Als Standortgemeinde wurde unser Gestaltungsspielraum extrem eng gehalten. Auch wir Grünliberalen verstehen nicht, weshalb man Angst hatte, diese Entscheidungen breiter abzustützen. Wir hätten uns zum Beispiel eine offene Debatte zu den Fragen gewünscht, ob der historisch gewachsene Standort unsere Vorstellungen an ein gut erschlossenes, modernes Spital zu erfüllen vermag; oder ob mit der zunehmenden fachlichen Spezialisierung die Einbindung in internationale Wissensnetzwerke nicht wichtiger ist als der “mikrolokale” Austausch über die Strasse; oder ob denkmalschützerische Bestrebungen zum Erhalt des veralteten Spitalbaus von Häfeli Moser Steiger aus städtebaulicher und spitaltechnischer Perspektive sinnvoll sind. Scheinbar traut sich der Regierungsrat eine partizipative Einbindung der Bevölkerung jedoch nicht zu.
Nachdem der Grundsatzentscheid betreffend räumliche Konzentration und damit auch die Standortfrage längst gefällt worden ist, bleibt aus Sicht der Grünliberalen die zukunftsgerichtete Entwicklungsplanung mit oder ohne «Häfeli Moser Steiger» die zentrale Frage. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass eine ähnlich gelagerte Diskussion in den späten 90er Jahren rund um das Kinderspital durchaus eine kritische Prüfung des aktuellen Vorhabens rechtfertigt. Damals entschied man sich ebenfalls gegen einen Neubau auf der grünen Wiese. So wollte man u.a. das Obere Haus abreissen und Platz für einen Neubau schaffen. Auch hier eskalierte die Diskussion rund um eine Unterschutzstellung des Oberen Hauses, die Umzonierung in eine Zone für öffentliche Bauten und den Umweg über einen Gestaltungsplan, der die BZO übersteuerte. Ob die damalige verschachtelte Planung zukunftsgerichtet war, darf mit Blick auf den Neubau in Zürich-Lengg 20 Jahre später sicher in Frage gestellt werden.
Da die Planung des HGZZ nun bereits weit fortgeschritten ist und der Gemeinderat im Korsett vorgeschriebener Planungsinstrumente kaum noch Änderungen vornehmen kann, werden sich die Grünliberalen bei der vorliegenden BZO-Teilrevision darauf beschränken, genügend Gestaltungsfreiheit für eine zukunftsgerichtete Planung zu ermöglichen: Zonenreduktionen oder Höhenbeschränkungen lehnen wir als unnötigeEinschränkungen ab. Im Hinblick auf eine zukunftsgerichtete Weiterentwicklung des Hochschulgebiets gilt es aus unserer Sicht den Erhalt des HMS-Baus weiterhin zu hinterfragen und sicherzustellen, dass die Anliegen des Weissbuchs verbindlich geregelt werden können.
Welche Gestalt das so genannte Generationenprojekt über die Jahre annehmen wird, lässt sich heute nicht abschliessend aufzeichnen. Bei der fortlaufenden Planung zeigen die betroffenen Akteure gegenwärtig jedoch erstaunliche Flexibilität. Denn es ist bereits jetzt erkennbar, dass diverse Nutzungen nicht mehr dem Gebot der räumlichen Konzentration folgen, sondern laufend ver- bzw. ausgelagert werden.
Auch wenn die Zukunft weiterhin ungewiss bleibt, setzen wir heute mit der Gestaltungsplanpflicht zumindest ein Zeichen, dass wir künftig verstärkte Mitwirkungsrechte und damit eine breiter abgestützte Weitergestaltung des Hochschulquartiers wünschen