Mittwoch, 12. Juli 2023

Konzeptförderung Tanz und Theater: Der Applaus bleibt aus

GLP-Fraktionserklärung zum Resultat der ersten Vergaberunde, welches wir mit grosser Ernüchterung zur Kenntnis nehmen.

Ein neues Fördersystem sollte die Zürcher Theater- und Tanzlandschaft beleben und die freie Szene stärken. Die Grünliberalen unterstützten diesen Versuch, Kulturförderung neu zu denken. Unsere Hoffnung war: Neue Impulse sollen künftig eine Chance und Tanz- und Theaterinteressierte ein ausgewogenes Angebot erhalten. Unter Ausgewogenheit verstehen wir eine Koexistenz von Bestehendem und Neuem. Entsprechend gingen wir davon aus, dass die in der Vergangenheit bereits geförderten Institutionen mit der Konzeptförderung eine Möglichkeit erhalten, ihre Zukunftsentwürfe zu gestalten.

 

Ernüchterung

Das Resultat der ersten Vergaberunde nehmen wir mit grosser Ernüchterung zur Kenntnis. Mit viel Arbeitsaufwand wurden Konzepte eingereicht – es ging um Existenzielles. Mit ebenso grossem Engagement hat die Jury diese evaluiert. Dem Jurybericht entnehmen wir, dass der vom Stimmvolk gutgeheissene Rahmenkredit keine Zukunftsentwürfe zulässt. Vielmehr finden sich die flexiblen Häuser in einem eher unflexiblen Förderkorsett gefangen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es umso mehr, dass ein spartenfremder Zirkus auf den ihm bereits vor einiger Zeit mittels Gestaltungsplan zugesicherten Standort im Koch-Areal einzieht. Während die Innovations- Versprechen des neuen Fördersystems also mit dem Zirkusquartier eingelöst werden, soll in zwei Kleinstbühnen – im Theater Stok und im Keller 62 – der Vorhang für immer fallen. Ob das mit dem Ja der Stimmbevölkerung zum neuen Förderkonzept für Theater und Tanz im Einklang steht, bleibt offen.

 

Grenzen erkennen

Fest steht, die eingereichten Konzepte überschreiten bei weitem den Rahmenkredit von 3.9 Millionen Franken. Die Frage stellt sich: Haben die Theater- und Tanz-Institutionen, die sich für 6-jährige Konzeptförderbeiträge beworben hatten, das Ziel und Mass aus den Augen verloren? Oder hat die Stadt eine Vielzahl Förderkriterien definiert, ohne an die finanziellen Folgen zu denken?

 

Die für eine Eingabe relevanten Förderkriterien reichen von ästhetischer Relevanz bis hin zu ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. Auch wenn die Grünliberalen es begrüssen, dass das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls in den Katalog der Förderkriterien aufgenommen wurde, können wir nicht so tun, als ob diese gratis zu haben sei. Auch der im Zusammenhang mit der Konzepteinreichung entstandene administrative Aufwand ist nicht gratis. Er geht leider oft zu Lasten des Kulturschaffens. Wir tun uns daher schwer damit, dass die eingereichten Konzepte aufgrund der beschränkten Mittel grösstenteils gar nicht umgesetzt werden können. Kulturpolitik darf aus unserer Sicht nicht möglichst viel Bürokratie und wenig Verwirklichungschancen bedeuten!

 

Wir haben die Grenzen des Rahmenkredits erkannt und fordern mit unserer motivierten Rückweisung den Stadtrat auf, das Zirkusquartier über ein eigenes Kulturressort «zeitgenössischer Zirkus» zu unterstützen. Dies entspricht dem Wunsch vieler Zirkusschaffenden, die sich weder als Tanz noch als Theater verstehen. Die Jury soll in der Folge die dadurch freiwerdenden Mittel angemessen verteilen, sodass die Umsetzung der Konzepte mindestens ansatzweise möglich wird und die Kleinbühnen nicht verschwinden. Denn auch die Stadt sollte sich zu einem nachhaltigen Umgang mit ihren Kulturorten verpflichten.

 

Trötzeln auf dem Rücken der Kulturschaffenden

Unser Rückweisungsantrag wurde als «klare Rechtsverletzung» bezeichnet. Diese Aussage steht im Widerspruch zu den Ausführungen der Rechtskonsulentin. Sie ist aber auch symptomatisch für die Tonalität der Antworten, die wir während der Weisungsberatung erhalten haben. Besteht da allenfalls eine Kränkung darüber, dass der Gemeinderat gegen den Wunsch des Stadtrats über die 6-jährigen Konzeptförderbeiträge befinden wollte? Zumindest würde dies erklären, weshalb die Weisung zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt der Kommission zugewiesen wurde, sodass von der dreimonatigen Beratungszeit beinahe ein Monat wegfiel. Weitaus gravierender ist die Tatsache, dass dadurch der Planungshorizont der betroffenen Institutionen drastisch eingeschränkt wurde und zudem die ihnen zustehende Rekursmöglichkeit nun in die Sommerferien fällt.

 

Diese Planungsunsicherheit erachten wir als unangemessen. Wir haben daher eine Motion (GR Nr. 2023/321) mit der AL eingereicht, die den zeitlichen Rahmen für die nächste Konzeptförderperiode (2030-2035) optimieren soll. Generell erhoffen wir uns, dass der Prozess für Kulturschaffende das nächste Mal so einfach und transparent wie möglich gestaltet wird. Hierfür erwarten wir auch vom Präsidialdepartement mehr Offenheit. Andernfalls wird die Konzeptförderung zum Trauerspiel in drei Akten in die Geschichte eingehen.